Snyk Mitarbeiter als Partner und Sprachrohr: Disability Pride Month bei Snyk

Artikel von:
Ashley Ladd
Ashley Ladd
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July 27, 2022

0 Min. Lesezeit

Zum Disability Pride Month spricht Snyk Director of Inclusion, Equity & Diversity Ashley Ladd (she/her) mit Alex Fallon (they/them). Gemeinsam stellen sie sich spannenden Fragen: Was genau bedeutet Disability Pride eigentlich genau? Wie können Menschen ohne Behinderung ihre Mitmenschen mit Handicap besser unterstützen und aktiv für ihre Bedürfnisse eintreten? Wer vertritt die Community besonders inspirierend? Und welche Inhalte zum Thema sollte man nicht verpassen?

Was ist der Disability Pride Month?

An vielen Orten weltweit wird der Disability Pride Month im Juli gefeiert. In den USA wird mit ihm zudem auch die Verabschiedung des Americans with Disabilities Act (ADA) am 26. Juli 1990 gedacht. Das Gesetz sicherte Menschen mit Behinderung seinerzeit formell Gleichstellung zu. Darüber hinaus soll zum Disability Pride Month mit Bildungsinhalten, Initiativen und aktiv präsentierter Fürsprache die Unterstützung für die Bevölkerungsgruppe signalisiert werden. Disability Pride möchte den Scheinwerfer auf die tollen Beiträge lenken, die Menschen mit Behinderung tagtäglich für die Gesellschaft leisten – und gleichzeitig aufmerksam machen auf die Formen der Diskriminierung, der viele von ihnen ebenso täglich ausgesetzt sind. Zum diesjährigen Disability Pride Month habe ich mich mit Alex Fallon unterhalten, um über die Bedeutung dieses Monats und darüber zu sprechen, wie wir Menschen mit Behinderung ganzjährig besser unterstützen können.

Alex, vielen Dank, dass du dir Zeit für unser Gespräch genommen hast. Zunächst würde ich sehr gerne von dir wissen: Was bedeutet Disability Pride für dich speziell und wie begehst du diesen Anlass?

Hi Ashley, wie schön, dass ich heute hier sein kann! Bevor wir beginnen, möchte ich noch zwei wichtige Dinge in eigener Sache loswerden. Ich selbst kann nicht stellvertretend für alle Menschen mit Behinderung sprechen. Ein wichtiger Wahlspruch lautet „Nothing about us, without us“ – ein einzelner Vertreter kann niemals das Wort für alle ergreifen. Außerdem sind nahezu alle meine Erfahrungswerte und fast meine gesamte Bildung zum Thema Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung im US-amerikanischen Kulturkontext beheimatet. Qualifizierte global anwendbare Aussagen kann ich somit nicht treffen, da mir dafür einfach der Hintergrund fehlt.

Lass mich nun aber zu deiner Frage kommen. Ich denke, der Disability Pride Month hat für viele Menschen eine sehr persönlich formulierte Bedeutung. Für mich zum Beispiel ist er eine Zeit, in der ich mir nochmals besonders in Erinnerung rufe, wie stolz ich als Mensch mit Behinderung auf meinen aktiven Beitrag zur Gesellschaft bin – und um für mich selbst auch neu zu bekräftigen, dass ich stolz auf meinen körperlichen Bezug zu mir selbst bin. Zu sagen, dass ich eine Behinderung habe und dass es dabei nichts gibt, für das ich mich schämen muss. Dabei ist es hilfreich, das Konzept einer Behinderung durch ihre beiden wissenschaftlichen Definitionslinsen zu betrachten: soziale Behinderungen und medizinische Behinderungen. Die meisten Menschen ohne Behinderungen meinen vor allem letztere Definition, wenn sie von Menschen mit Behinderung sprechen. Im medizinischen Kontext werden Behinderungen als Defekt angesehen. Diese Defekte sollen behandelt, geheilt oder beseitigt werden, damit die „Betroffenen“ ein gutes Leben führen können. Das Modell der sozialen Behinderung hingegen wurde von Menschen mit Behinderung entwickelt. Dieses Modell sieht Menschen mit Behinderung im Kern dadurch behindert, dass die Gesellschaft ihnen den Zugang zu ganz unterschiedlichen Dingen und Möglichkeiten im Leben nicht im gleichen Sinne zur Verfügung stellt. Es geht bei ihm also nicht um irgendwelche physischen oder geistigen Beeinträchtigungen oder Unterschiede. Ein konkretes Beispiel: Fehlt bei einem Museum eine Rampe für Rollstühle, ist ein Mensch im Rollstuhl gegenüber einem anderen, der laufen kann, beim Zugang zum Museum beeinträchtigt. Mit der Disability Pride bekräftige ich also den Glauben in die Autonomie meines Körpers. Ich verwehre mich gleichzeitig dagegen, dass mir die Gesellschaft ihm für irgendwelche etwaigen Einschränkungen die Schuld gibt – schließlich ist dies eben nicht die Schuld meines Körpers.

Gleichzeitig möchte ich aber auch anerkennen, dass viele Menschen mit Behinderung dem Disability Pride Month und seiner Message nicht uneingeschränkt positiv gegenüberstehen: Behinderungen gehen nicht selten auch mit körperlichen Schmerzen einher. All die positiven, selbstbejahenden Aspekte dieses Monats stehen natürlich in einem schwierigen Kontrast dazu. Deswegen ist der Monat schlicht nicht für jeden identisch besetzt – und diesen unterschiedlichen Meinungsbildern müssen wir in der Community und darüber hinaus unbedingt Raum geben.

Warum sollte der Disability Pride Month auch am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle spielen?

Dafür gibt es unheimlich viele gute Gründe. Zum einen ist allein der Begriff „Behinderung“ noch viel zu negativ besetzt, vor allem für Menschen ohne Behinderung. Ihn umgibt häufig eine so mitleidsvolle Aura, dass es für alle Beteiligten schnell sehr unangenehm werden kann. Deswegen ist auch das Thema „Disability Justice“ so wichtig: Bei der Bewegung geht es darum, gleiche Rechte und gleichen Zugang zu Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu sichern. Darin steckt so unglaublich viel Potenzial, denn viele Menschen wissen noch nicht einmal, dass sie in vielerlei Hinsicht aktiv von einem derartigen Recht Gebrauch machen können. Und es bietet auch Menschen ohne Behinderung Vorteile. Ein Beispiel wäre etwa die Untertitelung von Meetings – standardmäßig. Menschen mit Hörbehinderung oder eingeschränktem Hörvermögen profitieren hier natürlich am offensichtlichsten, aber auch Menschen ohne Behinderung gewinnen dabei. Findet ein solches Meeting etwa in einem öffentlichen Raum statt, können auch diejenigen, die ihre Kopfhörer vergessen haben, problemlos folgen. Ich zum Beispiel habe Probleme damit, verbal kommunizierte Informationen zu verarbeiten. Ein schriftlicher Transport mit Untertiteln hilft mir da ungemein.

In der Folge der Pandemie sind Zugang und Barrierefreiheit zudem wichtiger denn je. Covid, das ist für viele verständlicherweise nahezu komplett passé, aber Menschen mit Behinderung haben darunter indirekt zu leiden. Da Arbeitsstätten wieder zunehmend ohne Einschränkungen wie Masken, Tests, Impfungen und Social Distancing zugänglich werden, entstehen hier automatisch unsichere Bereiche für viele Menschen mit Behinderung, so zum Beispiel auch für mich. Umso wichtiger ist es also, auf uns hinzuweisen: „Wir sind nach wie vor hier und nach wie vor isoliert!“

Gibt es Missverständnisse rund um Behinderungen, auf die du aufmerksam machen möchtest?

Absolut, und zwar nicht gerade wenige. Ich möchte an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass meine Bildung zum Thema Behinderung und der zuvor angesprochenen Disability Justice ganz spezifisch in den USA verankert ist. Daher möchte ich mich ganz bewusst nicht zu den kulturellen Aspekten von Behinderung im internationalen Kontext äußern. Im Zusammenhang mit den USA glaube ich aber, über ein recht umfassendes Blickfeld zu verfügen. So bin ich der Meinung, dass drei Fehlauffassungen die Behindertendiskriminierung in den USA ganz entscheidend fördern:

  1. Menschen mit Behinderung sind einfach faul. Sie möchten, dass ihnen kostenlose Zuwendungen allenthalben zuteil werden.

  2. Menschen mit Behinderung sind Kindern ähnlich. Sie können nicht mit eigenen, unabhängigen Entscheidungen betraut werden.

  3. Ob jemand eine Behinderung hat oder nicht, sieht man der Person direkt an.

Beim ersten Punkt ist die Anmerkung wichtig, dass Obdachlosigkeit und Behinderung historisch eng miteinander verkettet sind. Auch 2018 noch. So geht etwa aus einer Studie des United States Interagency Council on Homelessness hervor, dass 24 % aller Obdachlosen in den USA sich als behindert identifizieren. Für mich ist das aber eine unwahrscheinlich niedrige Zahl. Denn zu Menschen, die obdachlos sind, genaue Zahlen zu erfassen, das ist enorm schwer. Auch herrscht vielerorts die Vorstellung, dass man Menschen mit Behinderung in einem bestimmten Kontext nicht antrifft, weil sie faul sind oder ihn aus anderen Gründen meiden. Und schon entsteht dieser kausale Teufelskreis, den wir unten im „Inaccessibility Cycle“ gut abgebildet sehen.

wordpress-sync/blog-inaccessibility-cycle

Aus der zweiten Fehlauffassung ist das eingangs erwähnte Disability-Justice-Motto „Nothing about us, without us“ erwachsen. Denn diese Einschätzung zieht man nur allzu gerne als Grund dafür heran, wenn man versucht, Menschen mit Behinderung ihre Autonomie zu nehmen. Wir wissen aber durchaus, was gut für uns ist. Die Freiheit, Entscheidungen über unser Leben zu treffen, steht uns also zu.

Auch dass man einer Person ihre Behinderung ansieht, ist eine gängige Meinung, die natürlich überhaupt nicht stimmt. Viele stellen sich einfach bildlich eine Person im Rollstuhl vor, was sicherlich auch daran liegt, dass das Symbol in offiziellen Dokumenten und auf Hinweisschildern oft stellvertretend verwendet wird. So über einen Kamm scherend passt das natürlich aber ganz und gar nicht. Natürlich verfügen Menschen im Rollstuhl oft über eine Behinderung. Viele Behinderungen sind aber auf den ersten Anschein überhaupt nicht erkennbar. Leidet jemand etwa unter einer Autoimmun- oder einer psychischen Erkrankung, wird diese Person womöglich nicht als behindert wahrgenommen. An der Belastung, unter der sie wahrscheinlich steht, ändert das aber natürlich überhaupt nichts. Genauso wie wir gut daran tun, die geschlechtliche Identifikation einer anderen Person nicht einfach über ihren Kopf hinweg bestimmen, sollten wir auch hier umsichtig sein. Am entscheidendsten bei alldem ist wohl, Menschen mit Behinderung nicht grundsätzlich in ihrer Glaubwürdigkeit zu hinterfragen. Wenn sie etwa im Hinblick auf barrierefreien Zugang um etwas bitten oder über ihre Behinderung sprechen, sollte man ihnen Gehör schenken. Sie kennen ihren Körper und wissen, was sie brauchen.

Wer vertritt die Community deiner Meinung nach besonders inspirierend? Wessen Worte beeindrucken dich am meisten?

Oh wow, da fallen mir eigentlich direkt sehr viele ein. Für mich in meiner persönlichen Entwicklung als Mensch mit Behinderung war Audre Lorde sicherlich am einflussreichsten. Vor ihr hatte ich noch nie jemanden in seiner Arbeit offen über Behindertendiskriminierung sprechen hören. Zu den für mich bedeutendsten, heute noch aktiven Vertretern gehören etwa Imani Barbarin, Alice Wong, Jillian Mercado, Hank Green, Walela Nehanda, Annie Lainey, Jessica Kellgren-Fozard, Ruby Allegra und Eli Clare.

Welche Ressourcen und Inhalte würdest du den Lesern empfehlen? Wo kommen die Stimmen der Community am prägnantesten zum Ausdruck?

Am wichtigsten ist für mich dabei, dass derartige Inhalte von einer Person mit Behinderung stammen sollten.

Hier eine Auswahl meiner persönlichen Favoriten: Bücher, Podcasts, TV-Shows, Filme und Dokumentationen.

Bücher (verschiedene Genres):

  • Alles von Audre Lorde, insbesondere The Cancer Journals

  • Being Heumann:An Unrepentant Memoir of Disability Rights von Judith Heumann

  • The Woman Who Watchesthe World von Linda Hogan

  • Exile and Pride von Eli Clare

  • Disability Visibility von Alice Wong

  • You Better Be Lightning von Andrea Gibson

  • Corpsing: My Body and Other Horror Stories von Sophie White

Podcasts:

  • Maintenance Phase

  • The Accessible Stall

  • The Disability Visibility Podcast

  • Disability After Dark

TV-Shows, Filme und Dokumentationen (hier ist die Auswahl etwas begrenzter, da das Thema Behinderungen medial nur unzureichend und häufig nur wenig empfehlenswert bearbeitet wird):

  • Crip Camp (Dokumentation)

  • Speechless(TV-Show)

  • Unrest (Dokumentation)

  • The Fundamentals of Caring (Film – im Allgemeinen sehr empfehlenswert, wenngleich ich es wünschenswert gefunden hätte, wenn der Hauptdarsteller mit Behinderung auch von einem Schauspieler mit Behinderung verkörpert worden wäre)

TV-Shows, in denen Behinderungen in einem positiven Licht gezeigt werden:

  • Stranger Things

  • Sex Education

  • Umbrella Academy

Wie können Unterstützer der Community sowohl zum Disability Pride Month als auch darüber hinaus Zählbares für die Community leisten?

Da gibt es sehr viele Bereiche und Möglichkeiten. Zum Beispiel im Rahmen von Disability Groups und entsprechender Initiativen am Arbeitsplatz. Mitarbeiter von Snyk können sich zum Beispiel (auch im Rahmen ihres Volunteering-Zeitkontingents) bei Organisationen wieThe Arc betätigen. Als Unternehmen unterstützt Snyk zudem die GAAD Foundation und dadurch die Anstrengungen der Tech-Branche, Barrierefreiheit im SDLC zu instituieren. Auch die bewusste Entscheidung zum Konsum vielfältigerer medialer Inhalte und ein akuteres Bewusstsein rund um die Darstellung von Behinderungen in den Medien (bzw. deren chronisches Fehlen) sind tolle, wichtige Schritte. Eine Behinderung ist Teil der persönlichen Identität eines Menschen. Mehr Menschen haben eine Behinderung, als es den Anschein macht – über alle ethnischen und Altersgruppen, Kulturen und Geschlechter hinweg.

Alex, vielen Dank für deine Zeit und dieses Gespräch zum Disability Pride Month. Für mich war unser Austausch wirklich enorm aufschlussreich. Weiterführend werde ich aus einigen der Inhalte, die du uns mitgegeben hast, bestimmt noch viel mitnehmen können. Wir alle können uns viel aktiver und ausdrucksstärker für unsere Mitmenschen mit Behinderung einsetzen. Umso mehr freue ich mich, wenn wir mit diesem Gespräch heute und seiner Veröffentlichung einen kleinen Beitrag dazu leisten können.

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Gepostet in:Snyk Team
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